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Richtlinien für die Prävention

Wir brechen das Gesetzt des Rahmens: liquide EigentümerInnen, StakeholderInnen und primäre AnwenderInnen

Das Cube-Toolkit revolutioniert das Gesetzt des Rahmenprinzips, welches aussagt, dass man ein Gemälde nur verstehen kann, wenn man es von außen betrachtet. Wir versuchen stattdessen, in den Situationen dieses Gemäldes zu bleiben um es zu verstehen, wofür wir häufig von innen die Situationen beobachten und den Ausgangspunkt unserer Beobachtungen – obwohl er immer von innen sein wird – stets verändern.

In den derzeitigen Präventionstheorien werden StakeholderInnen, primäre AnwenderInnen und EigentümerInnen präventiver Aktionen als statische RollenspielerInnen gesehen; und, in manchen Fällen, als sehr verwirrte solche. Die erste Tatsache, über die uns der „Cube“ hingegen zu reflektieren hilft, ist, dass diese Rollen sich je nach Umgebung verändern und in vielen Fällen umgekehrt oder ausgeschlossen werden können. Als direkte Konsequenz können die Schadensbegrenzungsmaßnahmen, die in Kontext A angewandt werden, völlig andere sein als jene, die nötig sein werden, wenn ein entsprechendes Vorkommnis in Kontext B geschieht.

Eine bestimmte verbrecherische Taktik (zum Beispiel ein Selbstmordattentat einer Einzelperson) kann unterschiedliche Bedeutungen bergen und komplett unterschiedliche Präventions- und Reaktionsmaßnahmen erfordern, wenn auch unter einem kohärenten Narrativszenario, wenn es in Berlin oder in Kairo ausgeführt wird, wo sehr unterschiedliche Umweltbedingungen herrschen und reale Beweggründe existieren, mit primären AnwenderInnen und StakeholderInnen, die in Bezug auf die Umwelt sehr unterschiedliche Funktionen übernehmen.

Für die Zwecke unseres Modells führt es zum Beispiel zu falscher Prävention und gegensätzlichen Strategien, wenn unterschiedliche Konflikttypen verwechselt werden, wie beispielsweise Vorkommnisse im Zusammenhang mit Maßnahmen zur Bekämpfung ausländischer Gruppen, welche politisch-militärische Strategien meinen, mit jene im Zusammenhang mit der Terrorismusbekämpfung, die taktische Phänomene in zivilen Kontexten anvisieren, wie David Kilcullen klar erklärte (D.Kilcullen 2010, 2013, 2016).

Aus jüngsten Studien geht hervor, dass sich die Konsequenzen solch verfehlter Analysen auf die Sicherheit nachteilig auswirken könnten. Im Fall von Terrorismus haben Sean M. Ziegler, a.o. Politikwissenschaftler, und Meagan Smith, quantitative Analystin bei der RAND Corporation, die enge Verbindung zwischen Terrorismus und dem „Kampf gegen den Terror“ aufgezeigt, und zwar auf Basis einer quantitativen Analyse, bei der Daten der Global Terrorism Database der University of Maryland mit Daten aus dem Bürgerkrieg und Aufständen aus dem Uppsala Conflict Data Program (Konfliktdatenprogramm) in 194 Staaten kombiniert wurden. Die untersuchte Zeitspanne von 1989 bis 2014 ermöglichte es den ForscherInnen, Terroranschläge aus den ersten Jahren nach dem Kalten Krieg mit jenen zu vergleichen, die seit 2001 verübt worden waren.

Ihre jüngsten Rückschlüsse bestätigen die Verbindung zwischen Terrorismus und Auslandspolitik. Dies stellt eines der viel debattierten Themen dar, denen es an „Prävention“ fehlt:

„Während die Schlagzeilen in Verbindung mit Terror dazu tendieren, das Schlimmste anzudeuten, ist die Wahrheit weit nüchterner. Terrorismus ist seit 9/11 im Stillstand – so dramatisch es sein mag – in jenen Staaten, die nicht mit Bürgerkriegen und Aufständen zu kämpfen haben. Der Großteil der Terrorzwischenfälle, die während des weltweiten Kampf gegen den Terror stattfanden, hingen mit Aufständen und Bürgerkriegen zusammen. Während dies vor 2001 nach wie vor so war, wurde die Verbindung zwischen Terrorismus und Aufständen verstärkt in jener Zeit, als dem Terror der Kampf angesagt worden war.”[1]

Vor 2001 verzeichneten Staaten mit größerer muslimischer Bevölkerung weniger innerstaatlichen Terrorismus. Seit 9/11 ist in diesen Staaten beides angestiegen: innerstaatlicher und internationaler Terrorismus. Besonders ausgeprägt ist dieses Muster dort, wo kürzlich erst Konflikte stattfanden: Irak, Afghanistan, Pakistan, Libyen und im Sudan beispielsweise.

Diese Feststellung könnte eine Konsequenz sein von innerstaatlichen Umwälzungen in Teilen der muslimischen Welt und der Verwicklung islamistischer Gruppen in Konflikte, die im Zusammenhang mit dem Arabischen Frühling stehen. Seit 2001 sind die islamistischen Aufstände mehr geworden, und die Zunahme des Terrorismus ist wahrscheinlich ein Nebenprodukt dieser Tatsache. Es besteht die Möglichkeit, dass Abwehrmaßnahmen im Westen eine Verschiebung der Ziele erzwungen haben. Während sich der Jihad-Terrorismus in den letzten 15 Jahren weiter verbreitet hat und auch beständiger geworden ist, wie durch die Umkehrung in den Staaten mit muslimischer Bevölkerungsmehrheit angedeutet, ist er nach wie vor eher lokal als global.

Wichtig ist, dass die Interventionen der westlichen Staaten möglicherweise zu diesem Terrorismus-Muster in muslimischen Staaten beiträgt. Wie nicht anders erwartet stellten wir eine positive Korrelation fest zwischen westlichen Militärinterventionen im Interesse von Regierungen, die gegen Bürgerkriege ankämpften, und innerstaatlichem Terrorismus in diesen Staaten. Die Modelle enthüllten, dass die westliche Intervention mit dem zwischen zwei- bis fünffachem Anstieg der erwarteten Anzahl innerstaatlicher Angriffe in Verbindung gebracht wurde. Zweifelsohne: die intervenierenden Staaten nehmen nur an den langwierigsten und schrecklichsten Kriegen Anteil, die ja von vornherein eher dafür prädestiniert sind, Terrorismus zutage zu befördern. Westliche Interventionen könnten in diesen Staaten sowohl ein Symptom des Terrorismus sein als auch ein vorstellbarer Auslöser. In den vergangenen 15 Jahren umfasst dies mehrseitige Unruhen in Staaten wie Irak, Afghanistan, Syrien, Libyen und Mali.[2]

Im gleichen Stil und mit offensichtlichem Rückblick erinnern wir an die Ergebnisse akademischer Forschungen und Erfahrungen, welche die enge Verbindung zwischen den sogenannten „Failed States“ (gescheiterte Staaten), korrupten und nicht funktionierenden Regierungen und organisierte Kriminalität. Solche AkteurInnen ergreifen Besitz von einem Gebiet um dort ihre kriminellen Aktivitäten auszuführen. In manchen Fällen verwenden sie terroristische Taktiken oder nutzen para-politische Modelle, um ihre Ziele zu erreichen.

Bei der Analyse eines verbrecherischen Vorkommnisses müssen wir sehr genau auf das Verbrechen selbst eingehen, müssen es aber ebenso in seinen geografischen und territorialen Kontext setzen und die Variationen in ähnlichen Kontexten analysieren.

Dies ist hilfreich dafür zu verstehen, welche Art der Prävention und Reaktion eingesetzt werden sollen, ebenso im Hinblick auf deren Auswirkungen und die tatsächliche Verfügbarkeit der Mittel. Wenn es auch als politisch inkorrekt wirken mag, so kann nicht geleugnet werden, dass die Mauern der DDR, in Palästina oder Irland in ihrer Zeit und in ihrem Kontext und im Hinblick auf die primären Interessen der jeweiligen Regierungen jener Zeit ihre Funktion wirksam erfüllten. Im umgekehrten Fall vermitteln solche Mauern, wenn sie zum Beispiel zwischen Mexiko und den USA aufgestellt werden einen ganz anderen Eindruck, da die politischen Bedingungen und Werte der Freiheit, Multiethnizität und Bewegungsfreiheit in den USA einen anderen Stellenwert haben und anders gewichtet sind im Vergleich zu Sicherheitsanforderungen. Einfach gesagt müssen harte oder sanfte Maßnahmen, die für die Prävention Verwendung finden, immer im Zusammenhang mit den involvierten Faktoren und ihrer Proportionalität berücksichtigt werden.

Bei diesen Themen, wie uns Nick Ross erinnert [3], müssen wir die Ideologie außen vor lassen und sehr flexibel sein. Klar ist, zum Beispiel, dass gewisse Strategien zum Schutz von Zielen in europäischen Städten sich maßgeblich von jenen unterscheiden werden, die für anti-terroristische Aktionen in Staaten wie Syrien oder Libyen anwendbar sind. Das Prioritätsniveau der Gefahr, sei sie real oder empfundener Natur, ist ein anderes, selbst wenn es auf dieselben terroristischen Taktiken hinauslaufen sollte (z. B. Selbstmordattentate). Genauso wäre es heute nicht sehr vernünftig, im Jemen, in Ägypten oder in Israel dieselben und höchst wirksamen Modelle für Terrorismusbekämpfung der Irischen Garda anzuwenden, und zwar aus dem einfachen Grund, dass die (realen oder empfundenen) Bedingungen in den Bereichen Umwelt, Gesellschaft und Sicherheit völlig andere sind.

In manchen Staaten, um das Beispiel fortzusetzen, rufen Probleme politischer Natur Reaktionen hervor, die alleine sicherheitsbezogener oder militärischer Natur sind. In anderen wiederum ist das Element der Sicherheit nicht mehr als eine Komponente eines viel breiter gefächerten Bestrebens des Konfliktmanagements. Wird es zu stark betont, besteht das Risiko, dass Schaden entsteht.

„Wenn wir es richtig verstehen: (1) Terrorismus kann häufig im Keim erstickt werden; (2) „Situative“ Maßnahmen wie die Zielhärtung sind wirksam; (3) Strenge, militärische Gegenmaßnahmen sind von großem Vorteil, wenn sie präzise ausgerichtet werden; (4) Informationen sind Gold wert; (5) aber Kompromisse sind noch viel wertvoller.“ (Ross, 2009, Seite 241).

Wie Reaktionen priorisiert und Ressourcen verteilt werden, und welche Tools hinsichtlich der Strategien und Praxis eingesetzt werden sollen – all diese Variablen müssen sich dem allgemeinen Kontext fügen, der eine grundlegende Bedingung für das Sicherheitsszenario darstellt.

Die nachfolgenden Unterscheidungen sind daher noch nicht ohne Weiteres von einem methodologischen und wissenschaftlichen Blickwinkel aus angenommen:

  1. Der Vergleich, der häufig zwischen terroristischen Taktiken in Kriegen oder Übergangsszenarien und Phänomenen der Gewalt in westlichen Staaten gemacht wird;
  2. Die Anwendung extremer und unangemessener Strategien, die – wie David Altheide schrieb – „unsere intellektuellen und moralischen Fähigkeiten einschränken; das wendet uns gegen andere, es ändert unser Verhalten und unseren Blickwinkel und es macht uns angreifbar für jene, die uns kontrollieren wollen um ihre eigenen Pläne voranzutreiben.“

LEKTION 5 DES HANDBUCHS:

Der Sicherheitsbereich ist fließend und nicht statisch, wie in jedem Wettbewerb um die Kontrolle materieller und immaterieller Ressourcen. Alle SpielerInnen in diesem Bereich sind interoperabel und ihre „Stärke“ variiert je nach dem Kontext.

Der Ansatz der situativen Verbrechensprävention (SCP; Situative Crime Prevention) fasste ein multiples Präventionsmodell ins Auge, das auf fähigen Beiständen, Bezugspersonen und örtlichen/institutionellen ManagerInnen basiert. Diese Klassifizierung ist parallel zur aktuellen, die auf den Begriffen der primären AnwenderInnen (= örtliche/institutionelle ManagerInnen) und StakeholderInnen (= fähige Beiständen, Bezugspersonen) basiert, welche viel allgemeiner gehalten sind.

Im Fall der kriminellen Phänomene decken die Begriffe der organisierten Kriminalität und des Terrorismus eine Vielzahl an Phänomenen ab. Auch hinter den Begriffen der StakeholderInnen und primären AnwenderInnen verbergen sich eine Vielzahl an Personen mit verschiedenen und in vielen Fällen voneinander abweichenden Interessen und Agenden.

Die Idee für den Cube basiert auf der Idee, dass kritische Vorkommnisse immer deshalb geschehen, weil einige der involvierten AkteurInnen ihre Aufgaben nicht gemäß ihrer sozialen Missionsdefinition erledigt haben. Wie Clarke (2006) feststellte, ergeben sich viele Probleme daraus, dass eine oder mehrere Institutionen nicht in der Lage oder nicht gewillt sind, eine Präventivstrategie zu übernehmen, oder weil diese Institutionen mit Absicht einen Umstand erzeugt haben, der Verbrechen oder Ordnungsprobleme fördert. Dadurch entstehen riskante Einrichtungen und andere Konzentrationen von Straftaten.

Die erste Erkenntnis ist trivial und einfach zu verstehen: in einem bestimmten Land implizieren gewöhnliche Sicherheitsprobleme, die in unterschiedlichen Kontexten auftreten, verschiedene EigentümerInnen in unterschiedlichen Ausprägungen dieses Eigentums. Geschieht das Jugenddelikt Fall „X“ in einer Umgebung „A“ (sagen wir eine Schule in Mailand), wird es unterschiedliche Rollen und Verantwortungsniveaus geben im Vergleich zu einem Delikt Fall „X“, der in einer Umgebung „B“ (sagen wir ein Gefängnis in Neapel“ geschieht.

Der Gedanke, dass Prävention mit der Bedeutung der Sicherheits- oder Nachrichtendienste zusammenhängt, ist irreführend. Die Problemlösung erfordert üblicherweise die aktive Zusammenarbeit der Menschen und Institutionen, die darin gescheitert sind, jene Zustände zu berücksichtigen, die zu dem Problem führten. Diese Personen haben das Eigentum an diesem Problem von ihren Schultern auf die Schultern der Polizei geschoben. Als Konsequenz besteht ein wichtiges Ziel eines jeden Problemlösungsprozesses darin, sie dazu zu bringen, dieses Eigentum und die damit verbundene soziale Verantwortung zu übernehmen.

Es gibt jedoch noch ein weiteres und tiefergehendes Ergebnis, das erwähnt werden sollte. Wir dürfen keine Angst davor haben, dass viele Probleme im Zusammenhang mit organisierter Kriminalität und Terrorismus in Europa aus den Widersprüchen unserer politischen, sozialen und wirtschaftlichen Systeme entstehen können. Im Gegensatz dazu, was Presse und Politik unter dem aktuellen Glaubenssystem zu verbreiten versuchen, ist es nicht immer der Fall, dass ein „Da’ysh“, ein „Senior Mentor“, ein „Rekrutierer“ oder eine internationale, dunkle Verschwörung terroristische Handlungen oder Mafia-Verbrechen anregen.

Viele Probleme entstehen aufgrund des Versagens oder der Verweigerung einer Institution – Unternehmen, Regierungsbehörden, Zivilgesellschaften oder anderen Organisationen – ihre Aktivitäten in einer Art und Weise auszuführen, dass Verbrechen eher vorgebeugt wird statt sie zu verursachen. In manchen Fällen können die Aktivitäten einiger Sozialbehörden sogar Auslöser für Sicherheitsvorfälle sein.

Kurzum: viele Probleme entstehen, weil eine oder mehrere Institutionen (aufgrund eines Ressourcenmangels oder aus Ignoranz) unfähig oder aber (zum Zwecke eigener Vorteile oder aus Ideologie) nicht gewillt sind, eine Präventivstrategie zu übernehmen.

Die gängigen Modelle spiegeln nicht wider, dass in den verschiedenen UMGEBUNGEN und im Rahmen der verschiedenen VORFÄLLE erstens (1) sich die Rollen und Agenden primärer AnwenderInnen und StakeholderInnen variieren und einander kreuzen und zweitens (2) diese Einheiten aus zahlreichen Untergruppen zusammengesetzt sind, jede mit ihren oft konkurrierenden Interessen und Agenden. Hier kann die Sicherheit im Streben nach nicht-transparenten Zielen manipuliert werden.

Strafverfolgungsbehörden sind Staatsorgane, und in manchen Fällen sind, wie wir gesehen haben, die Regierungen als Ausdruck gewisser Staaten einer der Faktoren, die verbrecherische oder terroristische Phänomene fördern, ob nun bereitwillig (geheime Absprachen) oder unfreiwillig.

Fähige Beistände und Bezugspersonen, auf der anderen Seite, sind üblicherweise Elemente, die in der Zivilgesellschaft verwurzelt sind. Speziell dann, wenn sie keine StaatsbeamtInnen sind. Ihre Interesse decken sich allerdings nicht immer mit jenen der Regierungen. Es ist nicht bloß eine Frage von Politik, Mehrheiten und Opposition, Radikalismus, sozialen Bewegungen und Terrorismus. Wo die politische Macht zum Beispiel als lokale Beute von Mafia-Organisationen endet, die kontrollieren, wie PolitikerInnen gewählt werden und wie das öffentliche Beschaffungswesen geführt wird, können BürgerInnen oder Einzelgruppen nicht mehr dieselben Ziele verfolgen wie etablierte Elite, da der Preis, den sie dafür zahlen müssen um korrupte Regierungen aufrechtzuerhalten für die BürgerInnen selbst schlicht untragbar wird. Ähnliche Fälle treten heute in deutlich diktatorischen Staaten auf, wo die Sicherheit ein Instrument der Unterdrückung von BürgerInnen ist.

Dann gibt es noch Gemeinschaften von ImmigrantInnen, die unter widersprüchlichen legalen und juristischen Bedingungen leben. Ihre Interessen stehen in direkter Opposition zu jenen des Staats und zu jenen der BürgerInnen dieses Staats: Staaten wollen die Kosten und politische Auswirkungen der Immigration niedrig halten, während ImmigrantInnen nicht in Kriege oder hoffnungslose Situationen, denen sie entflohen sind, zurückkehren wollen. Der Interessenkonflikt kann sehr viele Formen annehmen: BürgerInnengruppen, die in einem Staat wohnhaft sind und vielleicht bereits finanziell unter den Folgen der Wirtschaftskrise leiden, möchten keine ImmigrantInnen tolerieren, die ihr soziales System oder ihre Jobaussichten negativ beeinflussen.

Auch die Umgebung, in der sich diese Phänomene abspielen, spielt eine entscheidende Rolle, sowie auch die Funktionen von primären AnwenderInnen und StakeholderInnen. Denken wir nur an die Situationen von GefängnisinsassInnen: nur eine extreme Form von Weltverbesserei würde sicherstellen können, dass sich ihre Interessen und Agenden mit jenen der Wachen decken.

Dann haben wir markante Fälle wie zum Beispiel jenen von Wikileaks, die gezeigt haben, wie Staaten im Namen der Sicherheit gegen ihre BürgerInnen agieren. Das sind Beispiele von Macht im Deckmantel von sicherheitsbezogenen Narrativen. Dieses Thema hat in den vergangenen Jahren sehr an Bedeutung gewonnen und Proportionen angenommen, die den Präventionsmodellen vor Wikileaks und dem Beginn des globalen Netzwerks nicht bekannt waren.

 

Es darf auch nicht vergessen werden, dass innerhalb derselben Kategorie (z. B. Sicherheitskräfte) zahlreiche Subkategorien nebeneinander existieren, jede mit ihren eigenen Rollen und unterschiedlichen Graden der Trennung und Hierarchie, die nicht immer miteinander übereinstimmen. Wir haben bereits gesehen, wie wichtig es ist, Rollen der Informationsbeschaffung, Funktionen und Vorgehensweisen voneinander zu trennen. Dasselbe trifft aber auch auf das Gerichtswesen zu, und auch hier mit klaren Unterscheidungen der ermittelnden und gerichtlichen Funktionen. Andererseits kann auch nicht geleugnet werden, dass der Austausch von Informationen in Polizeieinheiten, Gerichten und Nachrichtenagenturen, wenn auch mit verfahrenstechnischen Einschränkungen, einen grundlegenden Schlüssel für die Prävention darstellt.

Dies sind nur wenige Beispiele von so vielen, die angeführt werden könnten. Sie alle zeigen, dass die traditionellen Präventionskategorien so viel veränderlicher sein können, als es auf den ersten Blick wirken mag, und dass die Unterscheidungen und Trennungen Teil des Systems sind, welches bis heute Kontrolle und Gleichgewicht, Freiheit und Stabilität sicherstellen konnte. Zu selben Zeit zeigen diese Beispiele auch den Bedarf, gut geregelte Veränderungen in das Präventionssystem einfließen zu lassen um relevante Aktivitäten innerhalb der Komplexität der Phänomene konsistenter werden zu lassen.

Die statische Wesensart der Modelle ist womöglich der größte Fehler in den gängigen Präventionsstrategien. Diese Strategien haben im Zuge kritischer und bedeutender Ereignisse für sämtliche Probleme, die in irgendeiner Weise mit Terrorismus und organisierter Kriminalität zusammenhängen, Schemata verwendet, welche auf der Vormachtstellung der Polizeieinheiten basieren, sowie sicherheitsbezogene Befehlsketten. Unterscheidungen und Details sind jedoch die Schlüssel zur Prävention, während ideologische Etiketten (terror-verwandte Verbrechen oder mafiöse Verbrechen) für die Presse ansprechend sind, jedoch auf die Prävention angewandt kaum jemals funktionieren. Ebenso erzählen und sie allgemeinen Etiketten der „StakeholderInnen“ oder „primären AnwenderInnen“ nicht viel über das „Eigentum“ und die Wirksamkeit der Präventionsaktivitäten, da sie in sich eine Vielzahl an Elementen verbergen, Interessen und Vorgehensweisen, Fähigkeiten, Fertigkeiten und Verantwortungen.

Für diesen bestimmten Aspekt wurde an den Cube appelliert neue Kategorien für die Personengruppen (oder „Kräfte“) einzuführen als Bestandteile des sicherheitstechnischen und virtuellen Raums, jede mit unterschiedlichen „Gewichten“ und „Instrumenten“ im Simulations-Wechselspiel. Diese umfassen auch die Medien, Politik, staatliche und überstaatliche Organisation, die allesamt im Präventionssystem eine wichtige Rolle spielen können.

LEKTION 6 DES HANDBUCHS:

EigentümerInnen, StakeholderInnen und primäre AnwenderInnen sind veränderliche Räume innerhalb des Sicherheitsraums. Sie umfassen viel mehr, als man glauben würde.


[1]  Sean M. Zeigler and Meagan Smith, Terrorism Before and During the War on Terror: – a more dangerous world?, Sage Publications, October-December 2017, pg. 1-8, consulted on 2-1-2018 in http://journals.sagepub.com/doi/pdf/10.1177/2053168017739757 . On this topic see also Findley MG and Young JK (2012) Terrorism and civil war: A spatial and temporal approach to a conceptual problem. Perspectives on Politics 10(02): 285–305. Findley MG and Young JK (2015) Terrorism, spoiling, and the resolution of civil wars. The Journal of Politics, 77(4): 1115–1128.

[2] Sean M. Zeigler and Meagan Smith, Terrorism Before and During the War on Terror: A Look at the Numbers, in  War on the Rocks, National Security Network-University of Texas, December 2017

[3] Nick Ross, How to Lose the War on Terror: lessons of a 30 Year War in Northern Ireland, Crime Prevention Studies, Vol. 25 (2009), pg. 229-244